Ein Brief pro Tag: an die Bank für Sozialwirtschaft
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Ein Brief pro Tag: an die Bank für Sozialwirtschaft

23.6.2019

 

Ich protestiere hiermit aufs Schärfste gegen die Kündigung des Kontor der "Jüdischen Stimme", einer engagierten Institution deutscher Juden bzw. in Deutschland lebender Juden israelischer und anderer Herkunft, durch die Sozialbank. Damit hat sich diese Bank dem israelischen Lobbyismus des Zentralrats der Juden in Deutschland gebeugt, der sich mittlerweile in praktisch alle öffentlichen Belange der Bundesrepublik meint einmischen zu können und sich als Sprachrohr der rechtsradikalen israelischen Regierung mißversteht.





CM (anonymisiert)


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24.6.19

Sehr geehrter Herr M,



soweit uns bekannt ist, hat die Jüdische Stimme in ihrem Unterstützungsaufruf nicht darüber informiert, dass die Entscheidung der Bank für Sozialwirtschaft das Ergebnis eines Mediationsprozesses war, der im März 2019 begonnen hat und in dem unter anderem klar gestellt wurde, dass die Bank nicht die richtige Plattform für die innerjüdische Debatte um die BDS-Kampagne ist, wegen der Kontoverbindung zur Jüdischen Stimme aber immer mehr dazu gemacht wurde. Die Hintergründe dazu haben wir in einem Statement zusammengefasst, dass Sie unter https://www.sozialbank.de/ueber-uns/presse/presseinformationen/detail/news/detail/News/statement-der-bank-fuer-sozialwirtschaft-ag-zu-ihrer-rolle-als-politisch-neutrales-kreditinstitut-fuer.html nachlesen können.



Mit freundlichen Grüßen



Stephanie Rüth





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Bank für Sozialwirtschaft AG







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24.6.19
Sehr geehrte Frau Rüth,


Ihre Presseerklärung ist leider wenig überzeugend. Es geht doch nicht um "innerjüdische" Auseinandersetzungen, nur weil die Mitglieder der "Jüdischen Stimme" ausschliesslich deutsche Juden bzw. in Deutschland lebende Israelis und andere Juden sind. Es geht darum, daß Ihr Haus sich mit seiner Entscheidung auf die Seite derjenigen stellt, die meinen, man könne BDS mundtot machen bzw. delegitimieren, indem man unterstellt, sie sei "antisemitisch", womit auch viele jüdische und israelische Unterstützer von BDS zu Antisemiten bzw. "selbsthassenden Juden" abgestempelt werden.

Somit verlässt Ihre Bank die für sich selbst beanspruchte Neutralität, denn sie unterstellt, daß BDS die Zerstörung Israels zum Ziele habe. Aber genau dies ist unrichtig! Es geht darum, die israelische Regierung auf gewaltlose Weise durch ökonomischen Druck dazu zu bewegen, sich endlich an internationales Völkerrecht und relevante UN-Resolutionen zu halten, übrigens auch EU-Vorschriften, denen die deutsche Bundesregierung zugestimmt hat, wie z.B. das Auszeichnungsgebot von in illegalen jüdischen Siedlungen im besetzten Westjordanland hergestellten Waren, die nicht zollfrei in die EU eingeführt werden dürfen. Diese EU-Richtlinien werden z.B. von Israel permanent mißachtet, ohne daß dies rechtliche Folgen hat.


Die BDS Kampagne, die ich im übrigen in manchen Teilen nicht mittragen kann (z.B. den Boykott israelischer Künstler und Wissenschaftler, unter denen viele sind, die der israelischen Regierungspolitik selbst äußerst kritisch gegenüberstehen) wird sofort ihre Aktivitäten einstellen, sobald die illegale Besiedlung, der Landraub und die Entrechtung der Palästinenser beendet wird.


Die weltweite Boykottbewegung gegen Südafrika in den 80er und 90er Jahren hatte doch auch nicht zum Ziel, Südafrika zu vernichten und war nicht gegen Weiße, Schwarze oder andere Menschen dort gerichtet, sondern gegen die menschenverachtende Apartheidspolitik. Zu behaupten, BDS ziele auf die Vernichtung Israels ab, ist pure israelische Regierungspropaganda, der Ihr Haus offenbar erlegen ist, zumal diese Haltung von bedingungslosen Israel-Unterstützern, wie dem Zentralrat der Juden in Deutschland, ständig verbreitet wird, um die Kritiker dieser Politik zu delegitimieren und mundtot zu machen, wie das mit dem "Totschlagsargument" Antisemitismus ja so bequem funktioniert.


Daß eine deutsche Bank es 75 Jahre nach dem Ende der Nazidiktatur wagt, deutschen Juden das Konto zu kündigen, halte ich für einen Skandal erster Güte. Sie sollten sich schämen und fragen, ob Ihr Vorstand politisches Rückgrat hat, sich gegen opportunistische Strömungen in der Öffentlichkeit zu behaupten. Ihr Beschluß ist feige und wird wirtschaftlich nicht zu Ihrem Vorteil gereichen. Mich und viele meiner Freunde und Bekannten haben Sie jedenfalls damit als Kunden verloren.


Mit freundlichen Grüßen


CM


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