Antwort der Jüdischen Stimme auf Frau Bruhns` Brief vom 24.5.13
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Antwort der Jüdischen Stimme auf Frau Bruhns` Brief vom 24.5.13

 

4. Juni, 2013

Sehr geehrte Damen und Herrn

vielen Dank für Ihre Antwort auf unseren Brief. Es ist für uns ermutigend zu sehen, dass Sie die Kritik der Jüdischen Stimme bezüglich der fehlenden Differenzierung zwischen Judentum und Israel nachvollziehen können.

Es scheint uns aber, dass Sie einen wichtigen Kritikpunkt nicht aufgenommen haben. Nach einer Zeugenaussage einer der Organisatoren war es so, "dass ein Paar nicht bei der Mahnwache stand, sondern direkt gegenüber dem Eingang der Villa Ichon an der Mauer und immer auf diesen Eingang schaute. Mir ging so durch den Kopf: Warum stehen die da und kommen nicht rein? Die haben also sehr lange gewartet, bis sie versuchten reinzukommen. Da waren Saal, Flur und Treppen aber schon völlig überfüllt und da wurden sie und andere abgewiesen. Die beiden sollen sich - wie unsere Türposten berichteten - sehr aggressiv verhalten haben. Wären sie früher reingekommen, hätten sie überhaupt kein Problem gehabt." Das Paar wurde wegen Platzmangels abgewiesen und Maor Shani trug ausnahmsweise eine Kippa.

Maor Shani ist einigen von uns aus hebräischen Internetforen bekannt. Er wurde schon mehrmals aus virtuellen Foren abgewiesen, weil er störend provozierte, weshalb er ein Forum mit anderen, gleichgesinnten Israelis aufmachte. Dort diskutiert er und schreibt z.B. zum Siedlungsbau in Jerusalem (sinngemäß aus dem Hebräischen übersetzt): „das Gebiet ist frei, beherrscht von Anarchie; was du nicht nimmst, werden deine widerlichen Nachbarn nehmen." Oder: "Es wird sehr schwierig werden, die Räumung von Gebieten zu verlangen, die von zehntausenden Juden besiedelt sind; auch wenn allen klar ist, dass die Bebauung erfolgte, um diese Gebiete zu stehlen. Es muss in Jerusalem ein Zustand hergestellt werden, der geeignet ist, die Teilung der Stadt zu verhindern und unter allen Umständen einer Situation vorzubeugen, in der Israel jedwede palästinensische Präsenz dort zu tolerieren hätte. Die 'Teilung Jerusalems' muss - auch, wenn das Thema in der Öffentlichkeit ziemlich breit unterstützt wird - von der Tagesordnung verschwinden. Jerusalem mit ihren 300 Tausend Palästinensern muss als Ganzes unter der Hoheit Israels sein. Auch muss Ma'ale Adumim (drittgrößte israelische Siedlung östlich von Jerusalem im besetzten palästinensischen Westjordanland - JS) Jerusalem einverleibt werden."

(vgl. http://www.tapuz.co.il/Communa/viewMsgCommuna.asp?communaid=33967&msgid=52723756)

In Ihrer Antwort schreiben Sie, dass "Maor Shani alles andere als ein Freund der israelischen Besatzungspolitik ist". Die zitierten Äußerungen stützen nicht nur die Besatzungspolitik der Regierungen Israels, sondern heißen den Landraub der Siedler ausdrücklich gut. Überdies sind uns solche Methoden wie die von den Antideutschen, die die Veranstaltungen zum Thema Nahost regelmäßig stören, bekannt.Den Hauptpreis bezahlen letztendlich die Palästinenser. Dass Kritik an der Besatzungs- und Siedlungspolitik von den Zuständigen in Israel als antisemitisch diskreditiert sowie von bezahlten und unbezahlten Fürsprecher - auch unter Einsatz unlauterer Mittel - desavouiert wird, ist sattsam bekannt. Wenn dies in der taz, die sich zumindest einer unabhängigen, d. h. sorgfältig und eigenständig recherchierten Berichterstattung verschrieben hat, verstärkt wird, handelt es sich um eine - im vorliegenden Fall offenkundig unhinterfragte - Parteinahme nicht nur für die Positionen der Regierungen Israels, sondern auch gegen Kritik an diesen hierzulande.

Aus eben diesen Gründen rief Ihr besagter taz-Bericht unseren Protest hervor. Vorstand

der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost

 

 

Eiken Bruhn, Brief 24.5.13