Rede zum israelischen Angriff auf Gaza 18.11.2012
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Rede zum israelischen Angriff auf Gaza 18.11.2012

Heute ist Volkstrauertag und ich trauere um die Menschen in Gaza, palästinensische Männer, Frauen und Kinder, die schon durch die israelischen Bombardierungen getötet worden sind und getötet werden, während ich hier spreche.

Wolkensäule heißt dieses Mal der israelische Angriff – die Operation -  eine Anspielung auf die Bibel: Gott führte Moses und die Israeliten durch die Wüste. Eine Verhöhnung der biblischen Geschichte, obwohl diese auch für viele Menschen unter den jetzigen Umständen problematisch ist.

Aber Wolkensäule ist in Wirklichkeit die Benebelung des Geistes von Netanjahu und der israelischen Regierung. Schon wieder suchen sie eine Lösung durch Waffengewalt. Schon wieder verlassen sie sich auf die Asymmetrie der Verhältnisse: die Ausrüstung der Palästinenser – der Hamas im Gazastreifen -  läßt sich mit der der israelischen Streitkräfte nicht vergleichen.  Selbst wenn die Raketen zum ersten Mal Tel Aviv und Jerusalem erreichen können.

 

In den Nachrichten dieser Tage hören wir nur von den Provokationen der Hamas. Aber Israel hat auch seit dem sogenannten Rückzug 2005 Gaza nie in Ruhe gelassen. Auch nach der Operation „Gegossenes Blei“ 2008-2009 habe ich immer wieder von palästinensischen Freunden von den nächtlichen Angriffen und Spannungen gehört. Die Blockade, die schon seit fünf Jahren dauert, ist an sich eine Provokation. Letzte Woche wurde ein palästinensischer Junge getötet, und der Militärkommandant der Hamas, Ahmad Dschabari wurde gezielt ermordet. Er war für die Gefangennahme des israelischen Soldaten Gilad Shalit maßgeblich verantwortlich, doch auch für dessen Befreiung: im Austausch gegen ein Tausend palästinensischer  Gefangener – Männer und Frauen – , was Israel bestimmt vergrämte. Viele von diesen Gefangenen  befinden sich wieder in israelischer Haft.

Doch das Interessante an der Ermordung von Dschabari waren seine Bemühungen, zusammen mit dem israelischen Vermittler Gerschon Baskin, Friedensverhandlungen in Gang zu bringen – und ich schätze, daß diese den wahren Grund für seine Ermordung waren. Denn Israel will keinen Frieden.  Wollte Israel Frieden, so würde die Regierung wenigstens das Angebot von Hamas einer Hudna probieren. Nach zehn, zwanzig Jahren „Waffenruhe“ könnte die ganze Situation anders aussehen und ein echter Friede wäre wohl möglich. Obwohl ich sehr bezweifle, daß Israel fähig wäre, eine solche Vereinbarung einzuhalten, zumal Eli Yishai, der israelische Innenminister, durch die Operation Wolkensäule „Gaza zurück ins Mittelalter befördern“ will . Dadurch verspricht er sich Ruhe von den Raketen. Aber durch diese Operationen und die israelische Politik überhaupt, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, hat Israel sich schon längst ethisch-moralisch ins Abseits gestellt.

Präsident Obama und die Europäische Union – die beide ausgerechnet den Friedensnobelpreis erhalten haben – zeigen eine unverzeihliche Schwäche, eine erbärmliche Feigheit, indem sie ausschließlich auf das Recht Israels pauken, sich selbst verteidigen zu dürfen. Egal wie. Die Ablehnung der USA und der Internationalen Gemeinschaft nach den Wahlen 2006, die demokratisch gewählte Regierung der Hamas anzuerkennen, macht sie seither für den Tod Tausender von Menschen mitverantwortlich.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer: gestern – Samstag - sagte eine Israelin, die in der Nähe des Gazastreifens wohnt, sie wolle nicht mehr auf diese Weise – durch den Tod Hunderter unschuldiger Menschen - „geschützt“ werden. Sie verlangte Friedensverhandlungen mit der Hamas. Nur so sehe auch ich eine Hoffnung für die Zukunft – aber wie diese Frau selbst sagte, ist sie noch in der Minderheit. Die Jüdische Stimme unterstützt diese Minderheit.

Volkstrauertag: Noch einmal – trauern wir um die palästinensischen Opfer der israelischen Politik.

 

Ruth Fruchtman